REALLABOR
SPACE SHARING

  • ÜBER UNS
  • KATEGORIEN
  • ANMELDEN
  • LOGIN
  • Kategorien
    • Allgemein
    • Ausstellung
    • Calwer Kopf
    • Case Studies
    • Exkursionen
    • Forschungsergebnisse
    • Kunstakademie
    • Lehre und Forschung
    • LIVING 4.0
    • Lounges
    • Pop-Up
    • Reality Check
    • Recherche
    • Sprechtage
    • Workshops
    • Zukunftstrends
« DENKEN SIE KLEIN (ALLES NEU): DIGITALE AUSSTELLUNG


DENKEN SIE JETZT (THE BIG BLUE BANANA TRANSFORMATION)



Denken Sie Jetzt (The Big Blue Banana Transformation)

Im Sommersemester 2021 entwarfen die Studierenden des Lehrstuhls für Wohnbau, Grundlagen und Entwerfen eine ökologische, soziale, kulturelle und transnationale Vernetzung von Räumen in Europa. Diese terrestrische Utopie für alle Lebewesen heißt THE BIG BLUE BANANA TRANSFORMATION. 

 

Ausgangspunkt unseres im Frühjahr 2020 gestarteten Forschungsschwerpunkts “We design UTOPIAS OF CHANGE for the 21st century to save our earth” war Stefano Mancusos und Alessandra Violas Buch „Die Intelligenz der Pflanzen“. Sie sind die Pioniere der Erde und machen den Blauen Planeten zur grünen Insel im Weltall. Die faszinierende, verblüffende Geschichte der größten Gruppe von »Lebewesen«, die wir als solche gar nicht wahrnehmen und (noch) nicht hinreichend wertschätzen. Am weitesten verbreitet auf unserem Planeten sind nicht Menschen, sondern Pflanzen, deren Intelligenz uns das Leben und Überleben überhaupt ermöglicht. Sie verwandeln Wüsten in blühende Kontinente, sie breiten sich auch in den entlegensten Gegenden der Welt aus, ihr Lebenswille ist unbezwinglich. Sie sind der Inbegriff natürlicher Schönheit und empfindungsfähiger als Tiere. Pflanzen tauschen sich untereinander aus, sie kommunizieren und sind soziale Wesen.

Ohne die Pflanzen, die uns mit Nahrung, Energie und Sauerstoff versorgen, könnten wir Menschen auf der Erde nicht einmal [wenige] Wochen überleben. Merkwürdig eigentlich, dass sie trotzdem lange als Lebewesen niederer Ordnung galten, knapp oberhalb der unbelebten Welt. Erst seit kurzem erkennt die Forschung, was schon Darwin vermutete: dass Pflanzen trotz ihrer (scheinbaren) Unbeweglichkeit über stupende
[erstaunliche] Fähigkeiten verfügen, ja über Intelligenz. Denn außer den fünf Sinnen des Menschen besitzen sie noch mindestens 15 weitere, mit denen sie nicht nur elektromagnetische Felder erspüren und die Schwerkraft berechnen, sondern zahlreiche chemische Stoffe ihrer Umwelt analysieren können. Mit Duftstoffen warnen sie sich vor Fressfeinden oder locken Tiere an, die sie davon [von den Fressfeinden] befreien; über die Wurzeln bilden sie riesige Netzwerke, in denen Informationen über den Zustand der Umwelt zirkulieren. Ohne Organe können sie so über eine Form von Schwarmintelligenz Strategien entwickeln, die ihr Überleben sichern.

Von wegen »vegetieren«! Ein besseres Verständnis der Intelligenz der Pflanzen könnte uns lehren [unsere Kommunikation effektiver zu gestalten und darüber hinaus zugleich effizient, konsistent, resilient und suffizient zu handeln]. Anschaulich und voller Leidenschaft eröffnen uns der bedeutende Pflanzenforscher Stefano Mancuso und die renommierte Wissenschaftsjournalistin Alessandra Viola in ihrem Buch eine [uns] unbekannte Welt.¹

Pflanzen werden in der modernen Architektur nicht als Lebewesen betrachtet und demzufolge in den Entwurf und die Planung nicht wertschätzend mit einbezogen- sie werden heute wie vor 100 Jahren rein aus der Perspektive des direkten Nutzens für den Menschen “verwendet”. In diesem Sinne liefern Pflanzen unserer Spezies vor allem Nahrung und Rohstoffe, darüber hinaus schützen sie uns vor Überschwemmungen, Erdrutschen, Lawinen und Feinstaub, produzieren Sauerstoff, speichern Wasser und CO2. Pflanzen sind mitverantwortlich für das Weltklima und schaffen ein angenehmes Mikroklima, bilden eine atmosphärisch positive Umgebung zur Freizeitgestaltung, Unterhaltung und Kontemplation, und sie sind sowohl im Außen- als auch im Innenraum von ästhetischem Wert. Der Mensch steht dabei stets im Mittelpunkt. Die Auswirkungen dieser humanzentrierten Sichtweise führen auf unserer Erde dann folgerichtig in die von Paul J. Crutzen eingeführte Bezeichnung dafür – das Anthropozän. Die Architektur hat einen wesentlichen Anteil hierzu beigetragen und auch für sie war es bislang unerheblich, ob Pflanzen intelligent sind, kommunizieren oder fühlen. Im Menschenzeitalter ist dazu kein Platz – Konzepte, Entwürfe und Realisierungen von Habitaten für alle Lebewesen gibt es derzeit keine. Mehr noch, wir sind ahnungslos, wie diese aussehen und funktionieren könnten.

Daran ändert auch nichts, dass Land und Landschaft seit einiger Zeit ganz groß in Mode stehen und sich der reaktionäre Hype zur Freude der Immobilien- und Baubranche mit der Corona-Pandemie um den ganzen Globus zu spülen scheint. Ganz im Gegenteil, dieser Trend zwischen Neoromantik und Neoliberalismus bewirkt eine nochmalige Zuspitzung der geo-sozialen Krise. Verhältnismäßig kostengünstiges Bauland fernab von den Zentren, niedrige Energiepreise, aber vor allem außerhalb der Aufmerksamkeitsradien einer immer achtsamer werdenden Zivilbevölkerung, lässt schnelle Planungs- und Bauprozesse ohne störende Bürgerbeteiligungsverfahren, Umweltverträglichkeitsprüfungen und Gestaltungsbeiräte erwarten. Zu befürchten ist demnach, dass mitten in der Umweltkrise nicht nur suburbane Einfamilienhaussiedlungen und Tiny Houses in Naturlandschaften entstehen, sondern auch riesige Industrie- und Gewerbezonen für durch künstliche Intelligenz gesteuerte Roboter zur Produktion von pflanzlichen, tierischen und anderen Konsumgütern zur Umsatz- und Gewinnmaximierung der Konzerne gebaut werden. Fürs Ego aller Beteiligten werden diese endlos großen Hallen ohne Leben durch die Kulturindustrie gefeiert. Für das gute Gewissen der Reichen und Schönen gibt es professionelles Greenwashing und zur Belustigung für das Volk, Brot und Spiele an den Tagen der offenen Tür. Weiter entfernt von einem Beitrag zur Great Transformation können Architektinnen und Architekten nicht mehr stehen.

Doch wo und wie könnte diese große Transformation ihren Ausgangspunkt finden?

Unser Standort Stuttgart befindet sich im größten Städteband Europas – der sogenannten Blauen Banane. Welche Bezeichnung könnte für diesen von einer Gruppe um den französischen Wirtschaftsgeographen Roger Brunet beschriebenen Großraum besser passen, als die Banane, das Sinnbild des westlichen Wohlstands und der Globalisierung? Könnten wir vielleicht zusätzlich behaupten, dass die Farbe Blau auf den Blauen Reiter² und den Expressionismus und somit auf die Moderne verweist? In den Sinn kommt dabei auch die Banane von Andy Warhol am Plattencover von Velvet Underground & Nico. The Factory³ lässt grüßen.

Genannt wurde die Blue Banana erstmals 1988, knapp vor dem Mauerfall, als der global höchst verdichtete Siedlungs-, Verkehrs- und Wirtschaftsraum mit mehr als 100 Millionen Einwohner*innen. Seit über 40 Jahren steht die Blaue Banane für die anthropogene Weltsicht der neoliberalen Wachstumsgesellschaft. Sie erstreckt sich von den alten Industriezentren in Großbritannien über die Ballungsräume in der Benelux-Region, des Rhein-Ruhr-Main-Gebiets und des Schweizer Zentralraums bis in die Metropolregionen in Norditalien. Diese europäische Megalopolis erreicht aufgrund ihrer Verdichtung von Bevölkerung, Wirtschaft, Wissen und Kultur, Kapital, Medien, Verkehr, Siedlung und Infrastruktur einen hohen Grad an Zentralität und Dynamik. Ihren historischen Ursprung hat sie allerdings in natürlichen Ressourcen und deren Vernetzung durch Handelswege vom Mittelmeer über die Alpen und den Rhein zur Nordsee.

Die Wirtschaftsgeographie beschreibt und erklärt Wirtschaftsräume, wie die der Blauen Banane, nach deren ökonomischen Strukturen, sowie den Prozessen und Funktionsweisen, die diese erzeugen. Der Wechselwirkung des wirtschaftenden Menschen mit seiner natürlichen Umwelt gilt dabei mehr und mehr ein besonderes Interesse. Für uns stellt sich die Frage, wie wir solche Räume von einem ökosozialen Standpunkt aus neu denken und gestalten können? Welche Beispiele finden wir dazu und wie müssten diese im Hinblick auf eine nachhaltige Gestaltung der Critical Zones⁴ unserer Erde weiterentwickelt werden?

 

Das Kick-Off Video zum Sommersemester 2021

Verfasser:in Simon Ruof // Text: Mark Blaschitz, Sabrina Münzer

NACH DENKEN – JETZT HANDELN: AUSSTELLUNG IM GEWERKSCHAFTSHAUS STUTTGART »
  • KONTAKT
  • IMPRESSUM
  • DATENSCHUTZERKLÄRUNG
  • FACEBOOK
  • INSTAGRAM