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CHANGE THE WORLD PROJECT / DESSAU / 1995



Sharing our planet: Wie teilen wir eine gemeinsame, ökologisch stabile Erde, die die modernistische Trennung in Natur-, Agrar- und Siedlungsräume überwindet? Seit 1990 fordern SPLITTERWERK in ihren architektonischen Arbeiten die konsequente Einrichtung von weltweiten Baustopp- und Rückbauzonen und die schrittweise Transformation von flächigen Agglomerationen in lineare Siedlungsbänder.

Seit Jahrtausenden sind die menschlichen Siedlungsformen nahezu unverändert. Von den Hüttendörfern zu den heutigen Städten und Metropolen ist es nur ein kleiner Schritt. Die Städte funktionierten bis vor kurzem noch (und teilweise tun sie es nach wie vor) ihrer ursprünglichen Konzeption entsprechend, nämlich Schutz vor einer als feindlich angesehenen Umwelt anzustreben und vielleicht auch zu gewährleisten. Was sich vor allem geändert hat ist der Begriff der Geschwindigkeit und die Geschwindigkeit selbst, mit der sich die Städte in den letzten Jahrzehnten ausgebreitet haben. Die Städte entwickeln sich mittlerweile schrittweise und ungeplant mit solcher Rasanz, dass es bis heute noch keinen allgemein gültigen Begriff für sie gibt. Alle Bezeichnungen wie Sprawl, Metropolitan Area, Spread City oder Urban Village sind nur Andeutungen für auf Datenhighways, Individualverkehrsmittel und Bevölkerungsverdichtung unmittelbar reagierende Agglomerationen. Diesem bereits realen und für Gesellschaft, Natur und Umwelt äußerst bedrohenden Zustand wird ein reaktives Stadtsystem gegenübergestellt. Dieses System besteht aus Bildungsmechanismen zur Umgestaltung und Neugründung von Städten, die im eigentlichen Sinn keine Städte mehr sind, sondern am besten mit dem Begriff „Lineare Gitterlandschaften“ umschrieben werden können. Im Gegensatz zu den starren Bandstadtmodellen des 20. Jahrhunderts und den der Masterpläne verbundenen Modellen der 60-er-Jahre bedeuten diese linearen Gitterlandschaften jedoch eine Relativierung des Stadtbegriffes. Gestützt auf eine linearzentrale Massentransportader durchziehen diese sich sehr langsam entwickelnden Bänder verschiedenster Ausformungen, unterschiedlichster Konzentrationen und von Kulturlandschaften aller Art umgeben jenes Land, dessen Freiwerden Bedingung für die Entstehung der Bänder selbst ist.

Lineare Gitterlandschaften unterliegen eigenen Wachstumsregeln. Sie reagieren sowohl auf extreme Rahmenbedingungen, als auch auf interne, systemimmanente Bildungsmechanismen. Hauptbestimmend für ihren Variationsreichtum und Verlauf sind einerseits Klima, Topographie, Naturraum, natürliche und künstliche Ressourcen, Bodenschätze, Windrichtung, Trinkwasservorkommen, bestehende infrastrukturelle Systemlinien wie Bahnlinien und Autobahnen, andererseits sind es Bandgittermaß, Dichte, Fußläufigkeit, Erschließungshierarchie und Funktionsdurchmischung.

Die linearzentralen Massentransportadern in sich aufnehmend verstehen sich die linearen Gitterlandschaften somit als eine räumlich bandartige Synthese neudefinierter Bewegungs-, Geschwindigkeits- und Zeitraster, die als überlagerte Layer sowohl über bestehende Siedlungs- und Stadtstrukturen als auch über Freiland gelegt, ordnende Füllgerüste zur Kanalisierung zukünftiger Stadtentwicklungen darstellen.

Durch das Einwirken externer und interner Rahmenbedingungen kommet es zu Banddichtedifferenzierungen in Form von Bandkernen, Bandstädten, Bandländern und Banddörfern entlang der Transportader und somit zu verschiedensten menschlichen Lebensräumen, die durch eine Grundidee verbunden sind. Dieser ideelle Zusammenhalt ist als Abkehr von einer natur- und menschenverachtenden Lebensweise zu sehen.

Überregional- und ortsbezogen wird der geeignetste Verlauf der Massentransportader festgelegt. An dieser zunächst projizierten Systemlinie kann sich die Gitterlandschaft, eingebunden in einen Wachstumsprozess und den internen Bildungsmechanismen folgend, langsam entwickeln.

Es ist grundsätzlich zwischen Umgestaltung bestehender und Neugründungen von Stadtstrukturen zu unterscheiden. Bei Neugründung einer linearen Gitterlandschaft im Freiland sind für deren Verlauf hauptsächlich die externen Rahmenbedingungen bestimmend.

Existiert im Freiland eine bestehende Infrastruktur, die sich zur Umgestaltung in eine Massentransportader eignet (Bahnlinien, Autobahnen, etc.) dient diese als Entwicklungsachse für die Gitterlandschaft.

Bei der Umgestaltung einer bestehenden Stadtstruktur in eine Gitterlandschaft ist die Auswahl der Lage der Massentransportader im bestehenden Stadtgefüge von entscheidender Bedeutung. Auch hier könnte die projizierte Systemlinie z. B. eine bestehende Bahnlinie oder Autobahn sein. In diesem Fall werden bislang unattraktive Rest- und Brachflächen entlang dieser Linien als bestgeeignete Entwicklungsgebiete erkannt und nach ihrer Lage und ihrem Potential gereiht.  Sie bilden als aufeinander folgende Bandgitterentwicklungsphasen die Basis für eine Metamorphose bestehender Stadtstrukturen zu linearen Gitterlandschaften.

Es wird ein orthogonales, fußläufiges Bandgittermaß festgelegt, das sich einerseits von den fixen Parametern im Gittersystem, nämlich den entlang der Massentransportader liegenden Nahverkehrsknoten mit einem 500m Gehradius und andererseits von der gewünschten Dichte und Art der Funktionsdurchmischung ableitet.

Das 3-D Gitter bildet die Hülle für ein flexibles Stadtsystem mit sich ändernden funktionellen Zusammenhängen.

Die Gitterlandschaften verfolgen unter anderem das Ziel der Minimierung des Bebauungsgrades. Um die dafür notwendige hohe Dichte systemimmanent zu ordnen, entwickelt sich das Bandgitter in die 3. Dimension. Die üblichen Stiegenhäuser ersetzend, bildet ein Rampen und Wegesystem eine Art künstliche Topographie, die eine fußläufige Vernetzung des 3-dimensionalen Stadtgefüges, dem „Stadtraum“ ermöglicht.

Zur Strukturierung von Stadtlandschaften wird der Begriff der Bevölkerungs- und Frequenzdichte der Bebauungsdichte gegenübergestellt. Der Einfluss der Fluktuation von Menschen und der Bevölkerungsdichte auf eine Stadtstruktur bezüglich Gestalt, Lage und Bodenpreise wird somit gefördert. Die Anzahl der Personen, die Stadträume nutzen, bzw. die jeweilige Nutzungsfrequenz ist für stadtbildende Parameter viel wichtiger als die Dichte der gebauten Hüllen!

Die lineare Massentransportader, die sich in technische Transportmedien wie Gütertransportpipelines, überregionale Hochgeschwindigkeitszüge, Regionalbahnen, Nahverkehrsmittel, Rollgehsteige, Lifte, Rolltreppen usw. verzweigt und das fußläufige Bandgitter als ordnendes Wegenetz für Bebauungsstrukturen ergeben eine Durchdringung von Bewegungsmustern, die als Grund- und Füllgerüst für verschiedenste stadtbildende Funktionen dienen. So ist auch die zentrale Transportader in ihrer Lage relativiert und kann sich im Stadtraum frei entwickeln.

Im Bandgitter existiert ein Sekundärsystem, ein ebenfalls von der Lage der Nahverkehrsknoten bestimmtes Hauptwegenetz.

Das Bandgitter definiert nur fußläufige Vernetzungen und Verbindungen, keine Straßenfluchten Bauflucht- oder Baugrenzlinien. Baukörperstellungen erfolgen also durchwegs unabhängig vom Gitter, wobei zu Überlagerungen und Durchdringungen von Wegen, halböffentlichen Stadträumen und Gebäuden kommt.

„Störungen“ wie wertvoller Altbestand, Grüninseln und Flüsse durchdringen sich mit dem System eher zufällig und erden so zu „Topos-Inseln“, deren Schnittstellen mit dem Gitter Wechselwirkungen verschiedenster Ausformung zulassen.

Die sich bei Umgestaltungen von Städten aufgrund der einzelnen Bandentwicklungsphasen ergebenden Schnittstellen zwischen bestehender Besiedelung und dem Bandgitter müssen sich durch Funktionskoppelung auszeichnen. Bestehende Funktionslinien wie Straßenbahn, Buslinien, usw. müssen vom Bandgitter aufgenommen werden und hinsichtlich ihrer Tauglichkeit im System optimiert werden, um im Endzustand nicht unnötige Systembrüche zu verursachen. Neben den funktionellen Koppelungen gibt es auch räumlich-formale. Sie bieten durch die Auswahl der Entwicklungsgebiete den Reiz des Zufälligen. Anders als bei den „Störungen“ muss aber hier beachtet werden, dass sich an diesen Stellen der Bandgitter im Endzustand schließt.

VerfasserIn: Natascha Peinsipp // Text & Bild: SPLITTERWERK

CHANGE THE WORLD PROJECT / GRAZ / 1988-1990 »
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